Nationaler Workshop bi-provinzieller Handelskammern

Neue Kammerstrukturen unterstützen

Der Leiter des GTZ-Büros in Anhui, Meng Xunzhi, erläuterte bei einem nationalen Workshop bi-provinzieller Handelskammern am 17. Januar 2007 in Peking die Möglichkeiten des KMU-Projektes bei der Förderung von Kammern und Verbänden in China. Nach einer chinesischsprachigen Präsentation des SEQUA-Experten Helmut Schönleber über die Arbeitsweise und Organisationsstruktur der Kammerorganisationen anderer Länder nahmen beide an einer Diskussion mit den Präsidiumsmitgliedern und Kammer-Führungskräften teil. Die Moderation führte Wang Heling, Mitglied der Politischen Konsultativkonferenz Chinas und Präsident der Anhui General Chamber of Commerce.

Handelskammer Peking-Anhui

Handelskammer Peking-Anhui

Seit wenigen Jahren entstehen in China bi-provinzielle Handelskammern und Branchenkammern, die anders als bisherige „Business Membership Organizations“ (BMO) nicht mehr aus Ministerien ausgelagerte Abteilungen sind, sondern ausschließlich auf Unternehmer-Initiative basieren. Diese Kammern gewinnen ihre Legalität durch den Schutz der „Federations of Industry and Commerce“, der einzigen regierungsunabhängigen BMOs, die als Nachfolgeorganisationen der schon in der Qing-Dynastie gegründeten Industrie- und Handelskammern staatlich anerkannt sind und wegen ihrer Partizipation an den Legislativ-Organen auch primär vom Staat finanziert werden.

Bei den Privatunternehmern findet die neue Organisationsform der bi-provinziellen und der Branchenkammern großen Zuspruch. Viele sind bereit, mit persönlichem Engagement und beträchtlichen Mitteln die fehlende Staatsfinanzierung auszugleichen, da sie bei den neuen Kammern eine echte unternehmerische Interessenvertretung erwarten dürfen.

Kick-off: Public-Private KMU-Jour-Fixe

„Roundtable“ als Instrument zum Meinungsaustausch

Obwohl die Tischstellung nicht rund, sondern viereckig war, wurde die Idee eines „runden Tisches“ zum besseren Dialog zwischen Vertretern des privaten Mittelstandes und Vertretern von Politik und Regierung beim ersten KMU-Jour-Fixe in der Provinz Anhui von allen Beteiligten positiv aufgenommen. Am 15. Januar 2007 stellten GTZ und SEQUA bei einem Planungsworkshop mit der Wirtschaftskommission, der Handelskammer, dem Handelsministerium und dem Verband privater Im- und Exporteure der Provinz das Konzept vor, um es dann direkt nach dem Workshop mit einem Kick-off-Roundtable in der Praxis zu testen.

Regelmäßige Treffen zwischen Privatsektor und Staat, bei denen zwanglos, formlos und gleichberechtigt Informationen und Meinungen zu aktuellen Fragen ausgetauscht werden können, sind in China kaum verbreitet. Finden solche Gespräche statt, so sind sie fast immer von einer Überordnung der Politik geprägt und folgen oft einem entweder sehr förmlichen oder aber einem fast konspirativen Rahmen.

Für die chinesische Politik ist es aber wichtig, möglichst häufig aus erster Hand zu erfahren, welche Fragen die Unternehmen beschäftigen und welche Probleme ihre Entwicklung behindern. Umgekehrt sind die Unternehmer darauf angewiesen, dass die Regierung sie bei der Lösung der Probleme nach Kräften unterstützt. Das erste Anhui KMU-Jour-Fixe wurde daher von beiden Seiten als neues Instrument des Dialogs sehr begrüßt.

GTZ und SEQUA wollen die ersten Veranstaltungen dieser Art unterstützen, hoffen aber auf eine baldige Verselbständigung und Übernahme der Organisation im Wechsel durch die chinesischen Partner. Die deutsche Seite möchte sich nach einer erfolgreichen Startphase aus dem innerchinesischen Dialog zurückziehen. Präsident Wang Heling von der Anhui General Chamber of Commerce hat bereits zugesagt, das nächste Jour Fixe im Mai 2007 zu organisieren.

NDRC-Delegation in Europa

Mittelstandsförderung im Dialog mit China

Eine Delegation hochrangiger chinesischer Beamter unter Führung der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission nahm im Dezember 2006 erstmals einen umfassenden Erfahrungs- und Informationsaustausch mit Institutionen der Mittelstands- und Standortförderung in Europa auf. Die Gespräche wurden auf allen regionalen Ebenen geführt: von Wirtschaftsförderern deutscher Landkreise und regionaler Branchencluster über Einrichtungen von Ballungsräumen und Industriestandorten, über Wirtschaftsministerien auf Landes- und Bundesebene, über die Direktorate Regio und Enterprise der EU-Kommission, bis hin zu den Mittelstandsförderern der Vereinten Nationen bei der UNIDO in Wien. Das knapp zweiwöchige Gesprächsprogramm wurde im Rahmen des deutsch-chinesischen KMU-Programms des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) von der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit mbH (GTZ) und der gemeinnützigen SEQUA gGmbH organisiert.

Während China bei der Standortförderung für staatliche und kollektive Klein- und Mittelunternehmen umfangreiche Erfahrungen besitzt, ist die Unterstützung des privaten Mittelstandes für die sozialistischen Behörden noch eine relativ neue Aufgabe, die aber seit kurzem immer wichtiger wird. Daher setzte sich die chinesische Delegation aus Repräsentanten verschiedener Behörden sowohl der Zentralregierung als auch der Regierung der Provinz Anhui zusammen, die als Pilotprovinz für die chinesische Mittelstandsförderung gilt. Auf nationaler Ebene nahmen außer der Entwicklungs- und Reformkommission auch Delegierte des Finanzministeriums, der Staatsrats-Kommission für Industrie und Handel, des Forschungsbüros des Staatsrats und des mächtigen Zentralen Organisationskomitees an den Gesprächen teil.

Delegationsleiter Tian Chuan äußerte sich zum Abschluss der Delegationsreise zufrieden über die Ergebnisse der Dialogserie, mit der er zum ersten Mal Gelegenheit hatte, die deutsche und europäische Regionalpolitik und ihre Wechselwirkung mit der allgemeinen Mittelstandsförderung vertieft kennen zu lernen. Auch China bemühe sich im Rahmen des elften Fünfjahrplanes, die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen mit einem regionalen Verteilungsausgleich zu verknüpfen. Sowohl China als auch Deutschland könnten von den beiderseitigen Erfahrungen profitieren. Er hoffe, dass der begonnene Dialog in Zukunft fortgesetzt und vertieft werden könne. Tian ist Abteilungsleiter des Amtes für kleine und mittlere Unternehmen bei der nationalen Reformkommission NDRC in Peking.

Unabhängige Interessenvertretungen der Wirtschaft

SEQUA in Bonn

SEQUA in Bonn

Wie ein roter Faden zog sich die in westlichen Industrieländern unverzichtbare Funktion unabhängiger Kammern und Verbände bei der bedarfsgerechten Gestaltung und effizienten Umsetzung staatlicher Förderprogramme durch die Diskussionen, denn von Regierung und Partei unabhängige Interessenvertretungen der Wirtschaft sind in China so gut wie unbekannt. Um ihre Aufgaben näher zu beleuchten, wurden von GTZ und SEQUA auch Gespräche mit der Industrie- und Handelskammer Köln und mit dem Bundesverband des deutschen Groß- und Außenhandels in Berlin ermöglicht.

Bei einem Besuch der SEQUA in Bonn erhielten die chinesischen Beamten vom Leiter Programm-Management, Dr. Ralf Meier, einen Überblick über die verschiedenen Kammer- und Verbandssysteme weltweit und erfuhren Einzelheiten über die vier wichtigsten Dachorganisationen der deutschen Wirtschaft, die Gesellschafter der SEQUA sind: Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK), Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Hauptaufgabe dieser Organisationen sei es, im politischen Entscheidungsprozess die Interessen ihrer Mitgliedsunternehmen und der Gesamtwirtschaft zu vertreten, aber auch bedarfsgerechte Dienstleistungen anzubieten und eine effiziente duale Berufsausbildung zu organisieren. Unter den Aktivitäten der SEQUA in China habe die Unterstützung beim Aufbau eines leistungsfähigen Kammer- und Verbandssystems stets im Mittelpunkt gestanden. Meier sagte in der Diskussion zu, dass SEQUA ihre Kompetenzen gerne auch in Zukunft für diese Ziele einsetzen will. In diesem Zusammenhang verfolge SEQUA die Gründung des chinesischen Verbandes Kleiner und Mittlerer Unternehmen unter Schirmherrschaft der NDRC mit großem Interesse.

IHK Köln

IHK Köln

Die Rolle und Tätigkeit des Bundesverbandes des deutschen Groß- und Außenhandels (BGA) erläuterte in Berlin Gerhard Handke, HGF des BGA; an der Diskussion nahmen außerdem die Abteilungsleiter Jens Nagel und Dirk Falke teil. Handke betonte, dass der BGA in der europäischen Diskussion um Handelsbeschränkungen auf chinesische Billig-Importe immer eine eindeutige Position zugunsten Chinas bezogen und sich konsequent für einen freien Welthandel eingesetzt habe. Am KMU-Förderprogramm China beteilige sich der BGA, indem er in der Pilotprovinz Anhui den Aufbau eines Verbandes privater Import- und Exportunternehmen unterstütze.

Bei der Industrie- und Handelskammer Köln erfuhr die Delegation von Gudrun Grosse und Franziska Beutler anhand konkreter Beispiele, wie sich die deutschen Kammern für die Verbesserung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ihrer Region einsetzen. Auf Fragen der Delegationsteilnehmer bestätigte Beutler, dass der Erfolg politischer Interessenvertretung von Gesprächen zwischen Unternehmern und Politikern abhängt, die von den Kammern organisiert werden.

Branchen-Cluster als Standort-Magnet

Geschenk-Übergabe

Geschenk-Übergabe

Besonderes Interesse zeigten die chinesischen Besucher an der Arbeitsweise von Branchenclustern, die sie am Beispiel des Automotive Cluster Rhein-Main-Neckar und des Automobil Cluster Steiermark kennenlernten. Der Automotive Cluster Rhein-Main-Neckar wurde von zweien seiner Gründer präsentiert: der Leiterin der Wirtschaftsförderung beim Kreisausschuss Groß-Gerau (Sitz der Adam Opel AG), Elisabeth Straßer, und dem Geschäftsbereichsleiter der Industrie- und Handelskammer Darmstadt, Martin Proba. Proba verwies auf die guten Kontakte des Automotive Cluster mit der Provinz Anhui, die durch regelmäßige Unternehmerdelegationen beider Seiten konkretisiert würden. Auch die Vize-Gouverneurin der Provinz habe bereits an einer Kontaktbörse des Automotive Cluster im Haus der IHK Darmstadt teilgenommen. Er kündigte an, dass auch im Jahr 2007 wieder ein Unternehmerbesuch in Anhui vorgesehen sei.

Liu Dehua, Leiter der Wirtschaftskommission Anhui, beschrieb die Anstrengungen seiner Behörde, ebenfalls einen modernen Automobil-Cluster aufzubauen. Dieser Anhui Automotive Cluster solle sich aus der Vielzahl privater Zulieferer und Dienstleister zusammensetzen, die sich um die großen staatlichen Fahrzeughersteller Chery und Jianghuai in seiner Provinz angesiedelt haben. Von einer denkbaren künftigen Partnerschaft des Anhui Automotive Cluster mit dem Automotive Cluster Rhein-Main-Neckar sei, so Liu, ein beträchtlicher gegenseitiger Nutzen zu erwarten.

Über den Automobil Cluster Steiermark unterhielten sich die Delegationsteilnehmer in Graz (Österreich) mit Eva-Maria Längauer, Mitglied der Geschäftsführung der ACstyria Autocluster GmbH. Der steirische Branchencluster sei als einer der ersten in Europa gegründet worden und verfüge damit über große Erfahrungen in der Organisation und im Management. Auch der AC Styria sei gerne bereit, sein Know-how mit den chinesischen Kollegen auszutauschen.

Vereinte Nationen und Europäische Kommission

UNIDO WienWie die Industrie-Entwicklungs-Organisation der Vereinten Nationen (UNIDO) die Bildung von Branchenclustern und deren Vernetzung fördert, erfuhren die chinesischen Beamten beim Gespräch in Wien mit Dr. Jürgen Reinhardt, Kai Bethke, Giovanna Ceglie und Barbara Kreissler. Die Mitarbeiter der Mittelstandsabteilung und der Privatsektorabteilung bei UNIDO stellten verschiedene Förderprogramme vor, die jeweils von mehreren Geberländern finanziert werden. Reinhardt ging auch auf die laufenden Programme der UNIDO in China ein und betonte die enge Zusammenarbeit mit der Reformkommission NDRC, etwa beim regionalen Industrie-Entwicklungsbericht West-China.

Die EU-Kommission hatte zu Gesprächen mit der Generaldirektion Regio und der Generaldirektion Enterprise nach Brüssel geladen, die durch John Walsh und Heidi Hiltunen repräsentiert wurden. Während China mit Fünfjahresplänen arbeite, stelle die EU jeweils siebenjährige Regionalentwicklungspläne auf, so Walsh. Die Grundzüge des neuesten Plans für 2007 bis 2013, der erst vor wenigen Monaten verabschiedet worden sei, diskutierte er mit der Delegation. Hiltunen erläuterte die verschiedenen Programme der EU zur Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen und stellte einzelne Instrumente vor, so etwa die Euro-Info-Center, die ab 2007 ausgeweitet werden sollen.

Deutsche und chinesische Mittelstandspolitik

Bundesministerium für Wirtschaft

Bundesministerium für Wirtschaft

Gesprächspartner im Bundes-ministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) waren Dr. Friedemann Tetsch und Gerlind Heckmann. Tetsch erläuterte die regionalen Besonderheiten der deutschen Strukturpolitik seit der Wiedervereinigung und diskutierte mit den Delegationsmitgliedern Aspekte der Modernisierung der ostdeutschen Wirtschaft, die auch für China auf dem Weg von der Planwirtschaft zur sozialistischen Marktwirtschaft relevant sind. Heckmann ging auf die guten Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern ein und betonte die wichtige Rolle des deutsch-chinesischen Mittelstandsdialogs, den das BMWi seit kurzem mit der chinesischen Reformkommission NDRC führe. Der Dialog solle intensiviert und auf eine breitere Basis gestellt werden.

Hessisches Wirtschaftsministerium

Hessisches Wirtschaftsministerium

Bernd Kistner, Abteilungsleiter Außenwirtschaft und Standortpolitik beim Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, informierte über die Förderung hessischer KMU durch seine Behörde, beispielsweise bei der Erschließung ausländischer Märkte durch Messebeteiligungen auch in China. Da Hessen in den siebziger Jahren als erstes Bundesland und weit früher als die Bundesregierung politische Kontakte mit China aufgebaut habe, seien die Beziehungen bis heute sehr gut. Kistner wies auf den für März 2007 geplanten China-Besuch des hessischen Wirtschaftsministers hin, bei dem der regional- und mittelstandspolitische Dialog mit NDRC und der Provinzregierung von Anhui vertieft werden könne.

Standortförderung der Industrieregionen

Projekt Ruhr GmbH

Projekt Ruhr GmbH

Unterschiedliche Strategien und konkrete Maßnahmen der Standort-förderung für kleine und mittlere Unternehmen diskutierten die chinesischen Beamten mit den zuständigen Fachleuten dreier Regionen: Rhein-Main, Berlin-Brandenburg, und Ruhrgebiet. Für die FrankfurtRheinMain GmbH stand Sibylle Herforth als Gesprächspartnerin zur Verfügung, die Berlin Partner GmbH wurde von Christian Treichel, Adelheid Voigtberger und Olaf Engel repräsentiert, das Ruhrgebiet von Hanns-Ludwig Brauser, Geschäftsführer der Projekt Ruhr GmbH.

In den drei Gesprächen wurde deutlich, wie sehr jede erfolgreiche Regionalförderung von gemeinsamen Visionen der Beteiligten und der langfristig angelegten Verbesserung der speziellen Standortfaktoren abhängt. Während das Rhein-Main-Gebiet vom Frankfurter Flughafen, der Messe und dem Finanzsektor profitiert, muss sich Berlin auf eine Verminderung der öffentlichen Fördermittel durch die EU ab 2007 und eine Abwanderung von Unternehmen ins weiterhin stark geförderte benachbarte Brandenburg einstellen. Das Ruhrgebiet dagegen will den erfolgreich begonnenen Strukturwandel von der Stahl- und Kohleregion in eine moderne Hightech-, Dienstleistungs-, Wissenschafts-, Kultur- und Tourismusregion weiterführen. Wegen vieler Parallelen chinesischer Industrieregionen zu den Problemen des Ruhrgebietes fanden die dortigen Erfahrungen die besondere Aufmerksamkeit der chinesischen Delegation.

Chinas Privatwirtschaft wird erwachsen

Anteil am BIP wird bald 50% erreichen

Die erst Mitte der achtziger Jahre zögerlich legalisierte Privatwirtschaft hat sich bis heute zur Hauptantriebskraft der Wirtschaft Chinas entwickelt. Der Dachverband der chinesischen Handelskammern erwartet, dass sie im Jahr 2006 erstmals mehr als die Hälfte des Bruttoinlandsproduktes (BIP) erwirtschaften wird. Zum Jahresende 2005 lag ihr Anteil bei 49,7 Prozent.

Der Bund für Industrie und Handel (All-China Federation of Industry and Commerce) unterscheidet in seinem Ende September 2006 veröffentlichten „Weissbuch 2006 zur Entwicklung der Privatwirtschaft“ vorsichtig zwischen verschiedenen Definitionen. Danach besteht die „Privatwirtschaft im engeren Sinne“ nur aus Betrieben, die bei den Registrierungsbehörden als Privatunternehmen oder Kleingewerbe angemeldet sind. „Inländische Privatwirtschaft“ schließt zusätzlich gemischte Unternehmen mit staatlichen, kollektiven und privaten Anteilen ein, sofern der Staat keine kontrollierende Mehrheit besitzt. „Privatwirtschaft im weiteren Sinne“ berücksichtigt ausserdem alle ausländisch investierten Unternehmen. Der erwartete Anteil von 50 Prozent am BIP bezieht sich auf die „inländische Privatwirtschaft“.

An den gesamten Bruttoanlageinvestitionen des Landes hat die Privatwirtschaft laut Weissbuch schon 2005 einen Anteil von 60,0 Prozent erreicht. Staatliche Unternehmen trugen nur 30,6 Prozent bei, ausländische Unternehmen 9,4 Prozent.

Kapital, Bruttowertschöpfung, Umsatz

Kapital, Bruttowertschöpfung, Umsatz

Besonders erstaunlich ist die Entwicklung der „Privatwirtschaft im engeren Sinne“ in den vergangenen knapp dreißig Jahren. Schon im ersten Jahr der Wirtschaftsreform Chinas, 1978, waren laut amtlicher Statistik landesweit 140.000 Menschen im Kleingewerbe tätig. Die ersten Kleingewerbebetriebe wurden 1981 bei den neu aufgebauten Gewerbeämtern („Verwaltungsbehörden für Industrie und Handel“) registriert und seither statistisch erfasst. Aus den 1,8 Millionen Betrieben sind bis Jahresende 2005 knapp 25 Millionen geworden.

Betriebe und BeschäftigteKleingewerbebetriebe durften damals wie heute nur bis zu sieben Mitarbeiter beschäftigen, meist Familienangehörige. Wollten sie größer werden, blieb ihnen nur der Weg an den Rand der Legalität: sie liessen sich als Zweigfirmen staatlicher oder kollektiver Unternehmen registrieren und wurden dadurch zu Unternehmen „mit einer roten Mütze“. Mit Verabschiedung eines neuen Gesetzes über Privatunternehmen und eines GmbH-Gesetzes wurde aber seit der zweiten Hälfte der achtziger Jahre auch die privatwirtschaftliche Tätigkeit größeren Umfangs erlaubt.

1989 verzeichneten die Gewerbeämter 91.000 Privatunternehmen mit acht oder mehr Beschäftigten, zum Jahresende 2005 sind daraus 4,3 Millionen geworden. Noch beeindruckender sind aber die Wachstumsraten der Privatunternehmen und Kleingewerbebetriebe beim Einzelhandelsumsatz. Die Aufzeichnungen der Gewerbeämter beginnen im Jahr 1987 mit einem landesweiten Umsatzvolumen der Privatbetriebe von 74,4 Milliarden Renminbi. In den 18 Jahren bis 2005 erreichten sie das 26fache, nämlich 1,9 Billionen RMB.

Dass sich die Privatwirtschaft in einem sonst streng sozialistischen System so eindrucksvoll durchsetzen konnte, ist aus politischer Sicht vor allem auf ihren Beitrag zur Lösung der Arbeitslosigkeit zurückzuführen. Aus den 140.000 Beschäftigten in Chinas Privatwirtschaft von 1978 sind bis 2005 schon über 107 Millionen geworden. Einen so mächtigen Mittelstand können Staat und Partei nicht mehr behindern, sondern nur noch fördern.

H. Schönleber in China Contact 12/2006

Chinesische Unternehmen investieren am liebsten in London

Kommentar

Zum Artikel von Xinhua, 21. September 2006 (zitiert nach http://german.china.org.cn/german/261888.htm )

Zu diesem Xinhua-Artikel stellt sich die Frage, was deutsche Wirtschaftszentren wie Hamburg und Rhein-Main tun, um im Wettbewerb mit London eine bessere Position zu erreichen. Chinesische Investoren sind bisher offensichtlich als Zielgruppe völlig vernachlässigt worden. Das fängt schon damit an, dass kein Hotel in Frankfurt mit chinesischsprachigen Hinweisschildern in den Räumen aufwarten kann. Aber auch die chinesische Schule in Darmstadt wird von den Regionalförderern missachtet und ist daher in Deutschland wie in China so gut wie unbekannt. Sie ist eine Selbsthilfe-Aktion chinesischer Eltern. Touristische Informationen über Europa, die in China von lokalen Reisebüros verbreitet werden, weisen nur im Pflicht-Umfang auf Hamburg und Frankfurt hin. Selbst auf chinesischsprachigen Websites und -portalen über Europa kommen deutsche Standorte eher schlecht weg. Möglicherweise spielt auch die unterschiedliche China-Strategie eine Rolle. „Think London“ setzt auf den politischen Mittelpunkt Chinas, die Hauptstadt Peking. Die meisten China-Vertretungen deutscher Investitionsförderer dagegen sind im Wirtschaftszentrum Shanghai angesiedelt, so auch „Invest in Germany“ der Bundesregierung. Erst vor wenigen Monaten hat die FrankfurtRheinMain GmbH in Shanghai eine Repräsentanz eingerichtet (wir haben berichtet). Es scheint aber doch noch so, als ob die meisten Investitions-Entscheidungen Chinas politisch und nicht wirtschaftlich getroffen werden.

Hier der Xinhua-Artikel im Volltext: 

Statistiken der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft „Ernst & Young“ zufolge ist die Hauptstadt Großbritanniens zum beliebtesten Investitionsort chinesischer Unternehmen in Europa geworden. Seit 1997 wurden 34 Projekte mit direkten Investitionen aus China in London umgesetzt, 27 davon seit 2002. In den letzten vier Jahren zog London 15 Prozent aller Investitionen aus China in Europa an, somit steht London an der Spitze aller europäischen Städte. Dies bestätigte auch die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Think London. Ihr Geschäftsführer Michael Charlton erklärte, dass die chinesischen Unternehmen London für das Tor zum Markt in Europa, Afrika und im Nahen Osten sowie für das globale Zentrum von Finanz und Technik halten. In den letzten vier Jahren betrugen die chinesischen Investitionen in London das vierfache der Investitionen in Hamburg und Paris. Im Jahr 2004 investierten chinesische Unternehmen insgesamt 120 Millionen Pfund. Think London gründete in Beijing eine Zweigstelle, um mehr Investitionen aus China anzuziehen. Seit 2000 haben chinesische Unternehmen wie China Telecom, Zhongxing Telecom, China Eastern Airlines, Huawei Technik, China National Petroleum Corporation (CNPC) und China National Offshore Oil Corporation (CNOOC) Niederlassungen in London gegründet, und ihre Geschäftstätigkeiten in Europa und im Nahen Osten ausgeweitet. In London gibt es zurzeit 2000 chinesische Handelsorganisationen, 250 davon aus dem chinesischen Festland. Die meisten Firmen haben London als ihr Verkaufszentrum in Europa gewählt.

Außenwirtschafts-Handbuch

Manual

Manual

Ein Handbuch zur Außenwirtschaft – speziell für kleine und mittlere Unternehmen sowie für Mitarbeiter von Handelskammern – hat die Anhui Provinzkammer herausgegeben. Das Buch erläutert auf 360 Seiten die rechtlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen internationaler Geschäftskontakte chinesischer Unternehmen sowie Anleitungen für Industrie- und Handelskammern, wie solche Kontakte aufgebaut und gefördert werden können. Das Handbuch wurde mit finanzieller Unterstützung durch das deutsch-chinesische KMU-Förderprogramm in einer Auflage von 3000 Exemplaren gedruckt und verbreitet.

Kammerpräsidium trifft Projektexperten

Die Führungsspitze der Anhui General Chamber of Commerce (AHGCC) hat bei einem feierlichen Dinner am 27.06.2006 dem SEQUA-Projektteam für seinen Einsatz im KMU-Förderprojekt gedankt.

Präsidium Anhui GCC

Von links: LIANG Shounan (Secretary General, Anhui GCC), WU Chenggui (Executive Vice President, Anhui GCC), LIN Wensen (Party Secretary, Anhui GCC), ZHENG Mumin (Minister, Anhui UFD and Vice Chairman of Anhui People’s Political Consultative Conference PPCC), Helmut SCHÖNLEBER (SEQUA Resident Expert), WANG Heling (President, Anhui GCC and Vice Chairman* of Anhui PPCC), HAN Xiaohong (SEQUA Junior Consultant), HUANG Rongxiu (Vice President, Anhui GCC and Member of Anhui People’s Congress Executive Committee), YANG Rong (Inspector, Anhui GCC and Member of Anhui PPCC), LI Xiang (Chief of General Office, Anhui GCC)

Foto: Xu Ji

KMU-Entwicklungsstrategien in Huainan

Die Industrie- und Handelskammer der Stadt Huainan hat am 25. und 26.06.2006 ein Symposium über Entwicklungsstrategien kleiner und mittlerer Unternehmen veranstaltet. In einer dreistündigen Präsentation stellte der SEQUA-Langzeitexperte im deutsch-chinesischen KMU-Förderprojekt, Helmut Schönleber, Strategien international erfolgreicher deutscher KMU vor und vertiefte dabei den Aspekt der interkulturellen Vorbereitung auf Geschäftskontakte mit dem Ausland.

Die Anregungen aus Deutschland wurden von den 60 Teilnehmern anschliessend lebhaft diskutiert. Am Symposium nahmen neben Unternehmern auch Mitglieder der Stadtregierung, des regionalen Volkskongresses und der Politischen Konsultativkonferenz teil. Das Regionalfernsehen berichtete ausführlich.

Die Stadt Huainan hat 2 Millionen Einwohner und liegt in der Provinz Anhui. Historisch ein bedeutendes Handelszentrum und Hauptstadt einer Region, der zeitweise auch Shanghai untergeordnet war, ist Huainan heute vor allem als Kohle- und Stromlieferant für die ostchinesischen Wirtschaftszentren bekannt.