Interview der China Business Times

Gesetzentwurf zum Kammer- und Verbandsrecht

China Business Times

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Während die Entwürfe eines chinesischen Gesetzes über Branchenverbände und -kammern nach den Plenarsitzungen des Nationalen Volkskongresses und der Politischen Konsultativkonferenz Mitte März wieder vorwiegend unter Ausschluß der Öffentlichkeit diskutiert werden, hat die nationale Tageszeitung „China Business Times“ am 5. April 2007 den zweiten Teil eines Interviews mit dem deutschen Experten Helmut Schönleber veröffentlicht, in dem dieser die wichtige Rolle von Business Membership Organizations (BMO) für die Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen in China betont. Für ein gesundes Wachstum der Privatwirtschaft benötige das Land möglichst bald ein faires Kammergesetz, das die Interessen der Mitglieder schützt, den Kammern hoheitliche Aufgaben überträgt, und das Ziel einer Selbstverwaltung der Wirtschaft anstrebt. Er empfehle für China nicht unbedingt eine Pflichtmitgliedschaft, wie sie bei den Kammern in Deutschland besteht, so Schönleber. Allerdings sei in der chinesischen Kammergesetzgebung neben einer Berücksichtigung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, nationalen Besonderheiten, Bedürfnisse der Unternehmen sowie der Erfahrungen aus dem Kammerrecht anderer Länder auch eine gute Portion Kreativität erforderlich.

Hintergrund zum aktuellen Entwurf

Zum aktuellen Entwurf eines Branchenverbands- und -kammergesetzes brachte „China Business Times“ (CBT) am 22. März 2007 in ihrer Wochenbeilage einen Bericht und einen vorsichtigen Kommentar. Danach wurde der Entwurf bereits im Januar formell den zuständigen Gremien eingereicht, also dem Büro des Nationalen Volkskongresses (NPC), dem Büro des Staatsrats, dem Büro der Politischen Konsultativkonferenz, dem NPC-Rechtsausschuß, dem NPC-Wirtschafts- und Finanzausschuß, dem NPC-Rechtsstaatlichkeitsausschuß und dem Rechtsstaatlichkeitsausschuß des Staatsrats. Dass der Entwurf aber bei den Plenarsitzungen im März nicht wie erwartet auf die Tagesordnung gelangte, zeigt die hohe Sensibilität des Themas. CBT zitiert den Wirtschaftsreform-Experten Zhang Jing, der am Entwurf maßgeblich mitgewirkt hat. Laut Zhang enthält der Entwurf unter anderem die Regelung, dass die Behörden bei Entscheidungen mit Auswirkungen auf die regionale und sektorale Wirtschaft die Positionen der regionalen Branchenverbände und -kammern „anhören müssen“. Der Entwurf enthält, so Zhang, allein 21 Absätze über die Aufgaben der Kammern und Verbände, darunter

  • Abs. 4: … den zuständigen Regierungsstellen technische Standards, Branchen-Standards und Marktzutritts-Bedingungen zur Verabschiedung vorschlagen, oder unter eigenem Namen Branchen-Standards festlegen und veröffentlichen, an den Zertifizierungsverfahren für die jeweilige Branche teilnehmen …
  • Abs. 12: … geeignete Branchenverbände können unter Beteiligung der Regierung … Produktions- und Geschäftserlaubnisse erteilen …
  • Abs. 19: Er wird erlaubt, im Ausland Delegiertenbüros oder andere Vertretungsorganisationen von Branchenverbänden aufzubauen

Insgesamt enthält der Entwurf trotz vorsichtiger Formulierungen ein Reihe brisanter Regelungen. Dass nicht alle chinesischen Behörden gerne einen Teil ihrer hoheitlichen Befugnisse an Nichtregierungsorganisationen wie Kammern und Verbände abgeben, war vorhersehbar und erklärt die Verzögerung im Legislativverfahren. Daher stellt CBT in einer Zwischenüberschrift die Frage: „Wie lange dauert es noch, bis wir den Gedanken der Verbandsreform bis zur Übertragung hoheitlicher Aufgaben durch die Regierung weiterdenken können?“